Uschi Fellner | 05.05.2020
Mein New Best Friend
Nie hätte ich gedacht, dass ich Staubsaugen einmal als meditative Freizeitbeschäftigung schätzen würde. Und dass ich mich am Sauggeräusch, das schmatzend suggeriert, die Probleme dieser Welt – schwupps – aufzusaugen, geradezu berauschen kann. Das vielsagende Rascheln, wenn die Küchenbrösel erbarmungslos in den Saugschlauch gleiten und sich für immer – paff! – in Luft auflösen. Das leise Klackern, wenn gefühlte Millionen Plastikteilchen von Kinder-Überraschungseiern ihren Weg ins Universum finden: Was für ein Gefühl!
Mein Staubsauger und ich, wir trotzten in den vergangenen Wochen jeder innerfamiliären Homeoffice-Krise durch geballtes Zudröhnen. Schatzi hält die zigste Video-Konferenz, mangels freier Kinderzimmer (weil dort läuft ja E-Learning) auf MEINEM und dem einzigen freien Schreibtisch im Haus? Ein sanfter Druck auf meinen „New Best Friend“ reicht aus, um die Lage zu entspannen. Klick! Drööhhnn ...
„Kannst du sofort den Sch... abdrehen, ich versteh‘ mein eigenes Wort nicht!?“, höre ich Schatzi von weit her brüllen. Also, ich höre ihn natürlich nicht – wie denn, wenn ich sauge. Ich könnte ihn hören, würde ich etwas hören. Ich sauge, sauge, sauge im Sauseschritt, und nehm die Liebe mit, auf meinem Höllenritt ...
Verzeihung. Jeder hat so seine Marotten entwickelt in der vergangenen Zeit. In den Saugpausen gehe ich natürlich meinem geregelten Tagwerk nach, den Blick optimistisch nach vorne gerichtet und auf die Fragen meiner Familie – „Und was machen wir heute/am Wochenende/ im Sommer?“ – weiß ich DIE Antwort: „Zuerst saug ich mal alles gründlich durch und dann sehen wir weiter!“
USCHI FELLNER, HERAUSGEBERIN UND CHEFREDAKTEURIN