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People | 17.11.2021

Der Geschmack meines Lebens

Anna Netrebko begeistert auf den großen Opernbühnen die ganze Welt. Daheim beglückt sie Familie wie Freunde mit herrlichen Gerichten, denn sie liebt es zu kochen. Zu jedem Rezept erzählt sie in ihrem neuen Buch auch Geschichten aus ihrer Kindheit, Jugend und Karriere.

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© Vanessa Maas, Melina Kutelas

Über ihre Herkunft...
Ich komme aus Krasnodar. Das ist eine
ehemals kleine Stadt, die nun rasch wächst. Nicht schön, dennoch nennt man sie auch die ,Perle Russlands‘. Nicht meine Lieblingsstadt, aber meine Heimat. Dort sind meine Wurzeln und dort lade ich von Zeit zu Zeit meine Batterien auf ... Wir haben ein kleines Haus mit Garten im Zentrum. Im Garten rund um das Haus, manche mögen es ,Stadtvilla‘ nennen, gibt es Tomaten und anderes Gemüse, vor allem Obstbäume und ausgezeichnete Weintrauben – mein Vater machte immer herrlichen Wein. Bei uns, den Netrebkos, wurde immer Wein getrunken, kein Wodka. Im Haus waren immer viele Menschen und meine Mutter kochte für sie, das war die Familien­tradition. Es gab ein Feuer im Garten, über das wir gesprungen sind und in dem wir Kartoffeln gebraten haben“, schreibt Anna Netrebko gleich zu Beginn ihres Buches, das – neben tollen Koch­ und Bühnenfotos – auch mit Aufnahmen ihrer Kindheit und Jugend bestückt ist.

 

 

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„Wenn ich zu Hause bin, koche ich immer, sonst esse ich, wo es sich ergibt." © Melina Kutelas

Kindheitstraum. Bereits mit sieben Jahren sang Anna im Chor der Jung­ pioniere und drei Jahre später feierte sie im Konzertsaal von Krasnodar ihrenersten Soloauftritt. „Ich sang russische Lieder, hatte ein hübsches Kleid an und das Publikum klatschte begeistert Beifall. Es war ein Riesenspaß – und seither ist mir die Bühne vertraut.“ Das Erlebnis der Bühne sowie den Jubel des Publikums wollte sie ab diesem Zeitpunkt nicht mehr missen. Es wurde zu ih­rem Lebenselixier. Die Eltern unterstützten ihre ehrgeizige Tochter von Anfang an. Mit 16 begann sie in St. Petersburg ihre Ausbildung in der Musik­ fachschule Rimski­Korsakow. Der Rest ist – wie es so schön heißt – Geschichte.

Großes Vorbild. „Meine Mutter war eine fantastische Köchin im sowjetischen Sinn
– wahrscheinlich war das nicht immer sehr gesund. Ich erinnere mich an eine Pfanne voll mit Fett, die sie ständig auf dem Herd stehen hatte und vor der sie uns immer wieder warnte: ,Nicht an­ greifen, nicht wegschütten – das verwende ich wieder!‘“, schreibt Netrebko, die auch gesteht, dass das Kochen erst in den vergangenen Jahren immer wichtiger wurde. „Als junge Frau hatte ich nie wirk­ lich den Kopf dafür, darum habe ich von meiner Mutter leider keine Küchengeheim­nisse gelernt. Manche Dinge konnte ich später meine Tante und meine Schwester Natascha fragen.“

Erstmals in Amerika. „Von der Welt, in die ich nun ein­ tauchte, war ich jedoch voll­ kommen überwältigt – die helle Sonne Kaliforniens, die fröhlichen Menschen, deren Lebensfreude und Offenheit. Was für eine Erschütterung für ein postsowje­tisches Mädchen! ... Bei uns zu Hause waren immer alle muffig und todernst gewesen, jetzt blickte ich plötzlich in lächelnde Gesichter, strahlend vor Lebensenergie, Fröhlichkeit, Freund­lichkeit, Herzlichkeit als Normalität, kein Salat – Salat hatte mit Mayonnaise zubereitet zu sein. Und heute liebe ich den grünen ,Hasensalat‘ so sehr!“, verrät die 50­jährige Star-­Sopranistin.

 

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Der Opernstar beim Zubereiten ihres Lieblingspilaws © Melina Kutelas

Leben in New York. Netrebko, die längst ein Appartement in Manhattan besitzt, liebt angenehme Gesellschaft. „Es macht mir daher auch Spaß, Partys zu veranstalten und meinen Gästen entsprechend auf­ zutischen. Meine Wohnung ist als Party­-Hotspot ideal – und hat sich als solcher bewährt: Nicht selten drängen sich hier Dutzende Gäste. Mein knusprig­zartes Pork aus dem Ofen ist zum Hit geworden.“ Für gutes russisches Essen müsse man etwas raus aus Manhattan, aber da New York für sie wirklich ein Zuhause sei, koche sie dort vor allem selbst: morgens, mittags und abends.

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Köstlich - Lachs aus dem Ofen mit Mango Sauce. © Melina Kutelas

Daheim auch in Wien. „Was ich an der Wiener Küche liebe? Das Wiener Schnitzel natürlich, das ich aber selbst nicht koche, weil ich nicht so riesige Mengen an Öl verwenden will. Aber ich mache Palatschinken – ich liebe Palatschinken mit Marillenmarmelade und ich flambiere sie auch gern. Eigentlich sind die Blini der russischen Küche und Palatschinken dasselbe ... Wenn ich zu Hause bin, koche ich immer, sonst esse ich, wo es sich gerade ergibt. Es gibt eigentlich nichts, was ich nicht esse. Oft gehe ich zu Padrone Aki Nuredini ins Ristorante Sole in der Annagasse. Dort freue ich mich immer auf hausgemachte Pasta mit Shrimps und Zucchini oder Risotto mit Pfifferlingen ... In Österreich kann man überall gut essen, an jeder Ecke gibt es ein gutes Gulasch oder ein Wiener Schnitzel. Und überall wunderbare Restaurants mit fantastischen Spezia­ litäten – ein wahres Paradies für mich!“

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„Anna Netrebko. Der Geschmack meines Lebens“ (Molden Verlag; € 30,–) beeindruckt nicht nur mit tollen Rezepten (von Borschtsch über Reisgerichte bis zu Omeletts und Süßspeisen), sondern vor allem mit sehr vielen persönlichen Erinnerungen. © Vanessa Maas

ROTE-BETE-„KAVIAR“
EIN VERLOREN GEGLAUBTES REZEPT NACH DEM REZEPT MEINER MAMA

Zutaten für 4 Personen

ca. 400 g Rote Beten, Salz, Zucker, 1 Schuss Apfelessig, 1 rote Zwiebel, 1 Knoblauchzehe, 3–4 EL Rapsöl, 1/2 Tube Tomatenmark, Pfeffer

Die Roten Beten in der Schale in einem Topf mit je 1 TL Salz und Zucker und dem Essig weich kochen. Das dauert je nach Größe ca. 20 Minuten oder länger. Die Beten abseihen und etwas abkühlen lassen. Die abgekühlten Roten Beten schälen und nicht zu fein hobeln. Rote Beten machen rote Hände! Es macht aber nichts, wenn Sie vergessen, Einweg- handschuhe zu tragen (das passiert mir auch). Die rote Farbe lässt sich ganz einfach mit Seife wieder abwaschen. Die Zwiebel schälen und sehr fein hacken. Die Knoblauchzehe schälen und ebenfalls sehr fein hacken. Die Zwiebel in einer Pfanne in Rapsöl anbraten. Rote Beten dazugeben und weiterbraten. Mit Salz, 1 Prise Zucker und dem Tomatenmark würzen, bei Bedarf ein wenig Wasser angießen. Alles leicht einkochen lassen, bis die Roten Beten eine kaviarartige Konsistenz annehmen. Vom Herd nehmen, mit Knoblauch, Salz und Pfeffer abschmecken. Der Rote-Bete-„Kaviar“ wird kalt serviert und eignet sich hervorragend als Beilage zu allen russischen Gerichten und natürlich auch zu anderen.