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People | 09.07.2020

Die hippe Kräuter-Hexe

Vierzig Jahre forschte sie als Biochemikerin an der Uni Wien, in der Pension hat Renée Schroeder eine neue Leidenschaft entdeckt: Wilde Kräuter und ihre Wirkung.

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REFUGIUM LEIERHOF. Aus einem völlig desolaten Hof ließen Renée Schröder und ihre Söhne ein so einfaches wie prachtvolles Refugium entstehen. Der junge Architekt Maximilian Eisenköck designte den auf einem Steinsockel schwebenden Holzbaukörper mit geometrischen Formen. Rechts: Große Glaswände lassen die Bewohner mit der Natur verschmelzen. © Stefan Joham

Atemberaubend wilde Wiesen mit bunten Pfanzen und duftenden Kräutern. Gaukelnde Schmetterlinge, Nektar saugende Bienen und ein grandioser Ausblick auf Dachsteingletscher und Tennengebirge,

der jede Netflix-Serie an Spannung – zumindest kurzfristig – übersteigt. Auf der Hochebene Abtenaus, exakt auf 1.100 Meter Höhe, thront der Leierhof, die so idyllisch gelegene wie eindrucks- volle aktuelle Arbeits-, Wohn- und Freizeitstätte der prominenten Biochemikerin Renée Schroeder und ihrer Familie.

Ein Hof zum Glück. „Willkommen in meiner Kräuterküche“, lacht die Hausherrin, als sie das look!-Team begrüßt. Sie meint ihr Labor, eine eindrucksvoll in die Natur integrierte Werkstatt, vis-à-vis des Wohngebäudes, in der die Pflanzen und Kräuter der Umgebung von ihr zu hoch wirksamen Salben, bekömmlichen Tees, heilenden Tinkturen und Seifen verarbeitet werden. Schroeders wichtigste Mitarbeiter sind neben den eigenen Kindern jene teils hochbetagten Bauern und Bäuerinnen der Umgebung, die das Wissen um die heilende Kraft der Natur von ihren Vorfahren übernommen und seit jeher in ihr Leben integriert haben.

Fichtenwipfel und Schafgarbe. Und so wird das, was die Wiesen um den Hof an Wertvollem bieten, bei gutem Sonnenstand von Schroeder per Hand gep ückt, im „Hexenlabor“ luftgetrocknet und zu exklusiven Essenzen verarbeitet. Die Produkte werden ab Hof, sowie im eigenen Onlineshop (www.leierhof.at) verkauft, die Mundpropaganda wird als wirksamstes Marketing-Instrument genützt. „Die Kraft der Pfllanzen wirkt ja wirklich sensationell“, sagt Mikrobiologin Schroeder, die es immerhin wissen muss, und zeigt auf die großen Glasbehälter, in denen man live beobachten kann, wie sich in Honig eingelegte Fichtenwipfel zu einer Tinktur gegen Husten und Begleiterscheinungen verbinden. „Wobei meine Lieblingspflanze ja die Schafgarbe ist“, ergänzt sie. „Entzündungshemmend und antibakteriell! Wo immer es möglich ist, mische ich meinen Produkten die Schafgarbe bei!“

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LERNEN VON DEN PFLANZEN. In speziellen Kursen und Workshops lüftet Schroeder die Geheimnisse rund um die Kraft der P anzen und Kräuter. Infos: www.leierhof.at © Stefan Joham 

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WOHL BEKOMM‘S. Produkte für mehr Wohlbe nden – wie z. B. der Oxymel-Saft mit Apfelessig und Honig. Kurbelt den Stoffwechsel an. © Stefan Joham 

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© Stefan Joham 

Neuer Lebensplan. Es war 2011 und mitten in New York, als das Leben der international renommierten und mehrfach ausgezeichneten Biochemikerin, Universitäts-Professorin, Forscherin und Autorin eine Wendung nahm. „Ich saß damals in einem Taxi in Manhattan, da rief mich mein Sohn Fabian an und sagte: ,Mama, ich hab‘ einen Hof gefunden, aber er ist ein bissl groß! Machst du mit?‘“ 

Das war die Initialzündung eines lang gehegten Traumes, denn: „Ich wollte immer, dass meine Kinder in Verbundenheit mit der Natur aufwachsen, wir haben lange nach einem geeigneten Objekt gesucht. Jetzt war es soweit. Also machte ich natürlich mit!“

Landwirtin Schroeder. Um die alte Landwirtschaft in Abtenau – ein dem Verfall preisgegebenes Objekt, allerdings in spektakulärer Lage – erwerben zu können, drückte Renée Schroeder gemeinsam mit ihrem zweiten Sohn Constantin noch einmal die Schulbank, 2012 graduierte sie von der Landwirtschaftsschule Hollabrunn. Heute bewirtschaftet die Familie 33 Hektar Agrargrund, pflanzt, erntet und produziert. Sohn Constantin managt den Webshop mit rund 40 Produkten aus eigener Herstellung, Sohn Fabian bedient den Traktor und die schweren Maschinen. Und die Partnerinnen der Söhne kümmern sich um die im Aufbau befindliche Kosmetiklinie und die Buchhaltung.

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HANDARBEIT. Die Pflanzen werden zur Mittagszeit und bei Sonnenschein gep ückt und luftgetrocknet. © Stefan Joham

"DIE LEUTE WISSEN NICHT, WO S‘ HIN WOLLEN, ABER SIE WOLLEN ALS ERSTER DORT SEIN. ICH GLAUBE, DASS WIR NEUE WERTIGKEITEN SUCHEN MÜSSEN."

Renée Schroeder zur aktuellen Lage

Die Großfamilie. Während der Covid-19-Lockdown-Phase lebte man zu zehnt in friedlichem Einvernehmen samt den beiden Enkelkindern unter einem Dach, nützte die Zeit fürs Kräutersammeln und Ideenschmieden. „Für mich hatte diese Phase etwas sehr Positives“, so die Start-up-Unternehmerin. „Ich war vorher ständig gehetzt, zwischen Wien, Abtenau und Luxenburg, wo meine Mutter lebt, die ein Pflegefall ist. Diese Notbremse war erholsam, für mich, für alle, für die Natur. Ich glaube, dass wir neue Wertigkeiten suchen müssen. Wozu ist dieses ,Immer-noch-schneller-werden‘ denn gut? Mir fällt dazu der Helmut Qualtinger ein, der gesagt hat: ,Die Leute wissen nicht, wo s‘ hin wollen, aber sie wollen als Erster dort sein.‘ Das ist das Problem.“

Sie selbst lebt längst ihr eigenes Werte-System: „Verschwendung mag ich gar nicht. In meiner Wiener Wohnung lebt ein afghanischer Flüchtling und einen Teil meiner Pension spende ich an die Menschen in meiner Umgebung, die von der Corona-Krise wirtschaftlich hart getro en wurden. Ich nenne das Corona-Solidarbeitrag. Durch die Krise ist nicht weniger Geld da, aber es ist ungerechter verteilt.“

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Von look! wurde die Jung-Unternehmerin im Juni mit der Next-Generation-Business-Trophy ausgezeichnet. © Stefan Joham 

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DACHGESCHOSS. Kinderzimmer mit Schaukel. Das Haus bietet Platz für die Großfamilie mit im Schnitt zehn Personen. © Stefan Joham 

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ALLES FEINE. Von Wermut über spezielle (Haar-) Seifen bis zu Zitronenverbene in Soave: Schroeder nutzt die Küche der Natur. © Stefan Joham 

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ALLES FEINE. Von Wermut über spezielle (Haar-) Seifen bis zu Zitronenverbene in Soave: Schroeder nutzt die Küche der Natur. © Stefan Joham 

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ALLES FEINE. Von Wermut über spezielle (Haar-) Seifen bis zu Zitronenverbene in Soave: Schroeder nutzt die Küche der Natur. © Stefan Joham 

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ALLES FEINE. Von Wermut über spezielle (Haar-) Seifen bis zu Zitronenverbene in Soave: Schroeder nutzt die Küche der Natur. © Stefan Joham 

Alles in Bewegung. Als Biochemikerin sieht sie die aktuelle Situation mit Gelassenheit: „Alle Teilchen sind immer in Bewegung. Wenn ein Virus neu ist, ist es anfangs oft virulent und dann passt es sich in der Regel an. Auch die Viren wollen überleben, wenn sie ihren Wirt töten, gehen sie ja auch zugrunde“

Ein tröstlicher Ansatz, den die in Brasilien geborene und aufgewachsene Weltbürgerin sowohl wissenschaftlich, als auch vom Bauchgefühl her glaubhaft weitergibt. Die Rezepturen für ihre Elixiere sind da schon eher von Geheimnissen umwittert – aber eigentlich auch wieder nicht. „Die Natur war schon immer und ist noch ein Allheilmittel“, sagt Schröder, und kommt wieder auf die Schafgarbe zurück: „Als wir den Hof neu gebaut haben, spazierte ein sehr alter Nachbar vorbei und fragte, ob er weiterhin Schafgarbe hier pfücken dürfe. Ich sagte ,gerne‘, aber nur, wenn er mir verraten würde, was er damit macht. Und dann begann ich zu experimentieren ... “ Und man glaubt ihr aufs Wort, wenn sie sagt: „Ich lerne von den Pflanzen hier jeden Tag etwas Spannendes dazu ... “

"MEINE LIEBLINGSPFLANZE IST DIE SCHAFGARBE. WO IMMER ES PASST, MISCHE ICH SIE HINEIN. ENTZÜNDUNGSHEMMEND UND ANTIBAKTERIELL!"

Renée Schroeder über ihre Leidenschaft

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TEAM. Renée Schroeder mit Sohn Constantin und der Autorin. © Stefan Joham