Vera Steinhäuser ist diplomierte, zertifizierte Business Coachin und will damit vor allem eins: Frauen ermutigen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Mit ihrem neuen Mutbuch „Die Machtzentrale“ spricht sie gesellschaftliche Ungleichgewichte an und zeigt, dass Macht genauso weiblich wie männlich ist.

MACHT IST WEIBLICH. 

Mit ihrem neuen Buch hat Vera Steinhäuser eine Plattform geschaffen, wo das Thema „Frauen und Macht“ diskutiert werden kann. 

look!: „Die Machtzentrale“ – so lautet nicht nur der Titel deines neuen Buchs, sondern du hast bereits seit über einem Jahr auch einen gleichnamigen Podcast. Wie sind diese Ideen entstanden? 

Vera Steinhäuser: Für mich ist das Ganze mehr oder weniger ein Projekt: Ich wollte eine Plattform schaffen, wo das Thema „Frauen und Macht“ diskutiert werden kann, denn ich habe in meiner Arbeit als Coachin gemerkt, dass die Distanz zwischen Frauen und Macht riesig ist. Als ich auf die Suche gegangen bin, warum das so ist, habe ich sehr rasch gemerkt, dass es zahlreiche Gründe gibt. Seit ca. 5.000 Jahren leben wir in der Gesellschaft sehr patriarchal gesteuert und das hat dazu geführt, dass die Frauen seit jeher mehr
im Haushalt aktiv waren, während die Männer draußen gearbeitet haben. Das
hat zu dieser klassischen Rollenverteilung geführt, in der wir zum Großteil immer
noch leben. Deswegen müssen wir uns dem Thema stellen und hinschauen, weil
die Macht verschwindet nicht, wenn wir sie ignorieren, sie findet nur ohne uns statt. Und genau darum geht’s, dass die Distanz zwischen Frau und Macht kleiner wird. Ich bin ganz fest der Überzeugung – wenn wir die Machtzentralen der Welt anders verteilen, nämlich egalitärer, bunter, diver­ser, dann wird es uns allen besser gehen.

Haben Frauen aufgrund des Patriarchats einen falschen Zugang zu Macht?

Wenn sie das Wort „Macht“ hören, denken viele Frauen zuerst an etwas Ne­gatives und wissen eigentlich gar nicht warum. Dann beschäftigen sie sich damit und stellen fest: Macht per se ist gar nichts Schlechtes – es kommt darauf an, was ich mit der Macht mache. Wenn wir uns davon lösen, dass Macht immer etwas Schlechtes bedeuten muss, dann können wir damit ganz anders umgehen. Wenn wir Macht nämlich auch nutzen, um Positives zu bewirken, dann reden wir von einer ganz anderen Geschichte. Die Frauen sollen interessiert in die Macht gehen und sie zu ihrem Vorteil nutzen.

Bin ich bei diesem „Kampf um die Macht“ auf mich allein gestellt?

Definitiv nicht. Mein Appell mit mei­ner Arbeit ist: Frauen vernetzt euch, sup­portet und empowert euch gegenseitig. Wenn jede von uns den Kampf immer
nur allein kämpft, dann sind wir nicht mächtig, gemeinsam sind wir mächtiger. Wenn wir Frauen mehr an der Macht sein und mitgestalten wollen, dann werden wir es vor allem als Kollektiv schaffen.

Wie definierst du Macht? 

Für mich hat Macht ganz viel mit Freiheit zu tun. Wenn ich selbstermächtigt, selbstbestimmt lebe, dann habe ich schluss­ endlich auch die Freiheit, die Person sein zu können, die ich wirklich sein möchte. Das Gegenteil davon ist eine Form der Fremdbestimmung, wo ich in erster Linie darauf schaue, was die anderen wollen. Darüber hinaus hat Macht ebenso etwas mit Verantwortung und bewussten Entscheidungen zu tun. Es gibt einen Handlungsspielraum, den ich beeinflussen kann, den muss ich nutzen und auf den konzentriere ich mich. Selbstbestimmt und mit Verantwortung das eigene Leben gestalten.

Dein Buch ist in drei Kapitel geteilt: „Then“, „Now“ und „Now Then“. Dabei ist ersichtlich, dass wir Frauen schon viel geschafft haben, aber natürlich auch noch so einiges vor uns liegt auf unserem Weg zur Macht …

Es hat sich wahnsinnig viel getan. Und es ist wichtig, auch die guten Aspekte aufzuzeigen, damit alles nicht so hoffnungslos aussieht, denn es ist natürlich Hoffnung gegeben. Deshalb ist es wichtig, dass wir dranbleiben. In der Coa­ching­-Welt fragen wir gerne „und jetzt?“ – „now then?“. Denn ich bin der Meinung, dass wir selbst unseres Glückes Schmied sind und sehr viel dazu beitragen, wie es uns geht. Das letzte Kapitel unterteilt sich dabei nochmal in zwei Unterkapitel. Einerseits braucht es einen Wandel im System, es ist ganz wichtig, dass systemisch und syste­ matisch etwas geändert wird. Wir müssen gesellschaftliche Bedingungen verbessern und uns überlegen, wie wir z.B. mit den ganzen Gaps umgehen. Die andere Säule betrifft, was wir Frauen selbst tun können. Wir müssen nicht sitzen und warten, bis sich das System verändert hat, sondern wir dürfen und sollen auch handeln. Wenn wir die Probleme im System als Ausrede ver­ wenden, dann geben wir unsere Verantwor­ tung wieder ab und sind nicht in unserer eigenen Macht. Ich habe vieles in meiner eigenen Macht und auf das muss ich mich konzentrieren.

Was sind deine Ziele? Was möchtest du mit deinem Buch in der Gesellschaft erreichen? 

Mir geht es darum, die Machtzentra­ len bunter zu machen. Es sollen Männer, Frauen und Menschen, die sich anders als männlich und weiblich fühlen in Führungs­ positionen sitzen – alle sollen vertreten sein. Wir müssen weg vom Patriarchat in eine Form, in der sich die meisten abgeholt und vertreten fühlen. Dabei ist es auch total le­ gitim, wenn sich Frauen aus freien Stücken heraus z. B. entscheiden, bei den Kindern zu bleiben. Für mich ist wichtig, dass die Entscheidungen bewusst getroffen werden.

Hast du noch einen abschließenden Appell an unsere Leserinnen? 

Frauen traut euch und ergreift die Macht! Vergesst den Perfektionismus, denn den gibt es nicht. Wir machen Fehler, das ist vollkommen in Ordnung, aber es ist einfach ganz wichtig, dass wir es tun – selbstbestimmt durchs Leben gehen und die eigenen Ziele verfolgen.

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MUTMACHERIN. Sie will die Welt bunter, diverser und weiblicher sehen.

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