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People | 01.04.2021

UNSEREM GEHIRN ZULIEBE

Grandios. „Iss dich klug!“ titelt das neue Buch der Neurowissenschafterin Manuela Macedonia, die erklärt, warum das Gehirn von wertvoller Ernährung profitiert bzw. wie sehr es Fast Food und Zucker schädigen.

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© Kneidinger-Photography

Nicht nur die Ernährung der Mutter wirkt sich bereits auf die Entwicklung des kindlichen Gehirns aus, auch später beeinflusst unser Essen das Gehirn sowie die Gesundheit. Fast Food, Fertiggerichte und zu viele Süßigkeiten, sprich Zucker, verursachen unsichtbare Entzündungen, die die Leistungsfähigkeit des Gehirns mindern und die u.a. die Entstehung von Demenz-Erkrankungen begünstigen. Von Übergewicht und den damit verbundenen Risiken (wie Diabetes etc.) ganz zu schweigen. Auch minderwertige Fette wie Schmalz oder Margarine, die keine Omega-3-Fettsäuren enthalten, sollte man ganz streichen, rät Neurowissenschafterin Manuela Macedonia.

Vor allem bei Kindern spielt das Essen eine enorme Rolle, weil Pommes frites & Co geistige Trägheit verursachen – und die Psyche der Kinder labil machen.

Jeder Tag zählt. Die gute Nachricht lautet: Man ist nie zu alt, um seine Essgewohnheiten dem Gehirn bzw. der Gesundheit zuliebe zu ändern. Und natürlich soll auch der Genuss nicht zu kurz kommen.

look!: Sie schreiben in Ihrem neuen Buch, dass Geschmack bzw. Essgewohnheiten bereits im Mutterleib geprägt werden.

Manuela Macedonia: Man weiß in der Wissenschaft schon lange, dass alles, was die Mutter erlebt bzw. zu sich nimmt – angefangen von Streit bis hin zum Junkfood – auch das Kind erreicht. Ab dem 5. Schwangerschaftsmonat schluckt das Kind Fruchtwasser, in dem mitunter auch Aromen des Essens der Mutter enthalten sind. Und diese Aromen werden in einer Region des kindlichen Gehirns verarbeitet, der sogenannten Insel, in der sich Geschmacksmuster bilden. Schwangere sollten daher bei ihrer Ernährung selektiv vorgehen, damit das Kind keine schlechten Gewohnheiten kennenlernt und später selbst umsetzt.

Fast Food ist extrem ungesund, es verursacht nicht nur Übergewicht, sondern vor allem Entzündungen im Gehirn, die unser Immunsystem stören und uns anfällig für viele Krankheiten machen.

Fast Food kann entzündliche Prozesse im ganzen Körper und somit auch im Gehirn auslösen – und dem Organ längerfristig schaden, vor allem wenn es bereits in der Kindheit konsumiert wurde. Warum? Weil diese Entzündungen den Zellen an sich und den Netzwerken unter den Zellen schaden: Sie führen zu Oxydationsprozessen und zur Fehlfunktion des Systems. Man muss aber auf gewisse Speisen nicht unbedingt verzichten. Ich mache z. B. meine Burger selbst: Ich backe das Brot, beim Metzger lasse ich mir Bio-Rindfleisch faschieren, kaufe einen hochwertigen Almkäse und rühre auch die Mayonnaise selbst. Sie ist zwar fett, aber wenn mit einem Freilandei und Olivenöl gemacht, ist sie nicht schädlich wie industriell erzeugte Mayo.

Die mediterrane Küche (mit täglich Obst und Gemüse) gehört laut Ernährungswissenschaft zu den gesündesten weltweit, auch für das Gehirn. Warum?

Weil Lebensmittel wie Obst, Gemüse, Fisch, Rindfleisch und Olivenöl eine schützende Wirkung für das Gehirn besitzen. Olivenöl hält die Zellwände „elastisch“, auch die des Gehirns. Hinzu kommt, dass Polyphenole – Geschmacks- und Geruchsstoffe, die im Gemüse und Obst enthalten sind – antioxidativ wirken. Diese Kost ist sehr ballaststoffreich. Wir brauchen Ballaststoffe für das Mikrobiom – die Gesamtheit aller Mikroorganismen im Verdauungstrakt. Die Lebewesen in unserem Darm interagieren mit speziellen Neuronen, die an den Wänden des Dickdarms sitzen und Botenstoffe produzieren. Werden sie von den dazu vorgesehenen Bakterien – z. B. gewissen Milchbakterien – angeregt, schütten sie Botenstoffe aus, die an das Gehirn geschickt werden, wie z.B. Serotonin – den Botenstoff, den wir für unsere Psyche brauchen, damit wir ausgeglichen sind. Bekommt das Mikrobiom zu wenige Ballaststoffe, wird es nicht optimal genährt und arbeitet nicht genug mit den Neuronen im Darm. So können sich Depressionen und andere Krankheiten entwickeln.

 

"Wir schaden unserem Gehirn, wenn wir zu viel Fett, Zucker und industriell verarbeitete Nahrung essen, uns nicht bewegen und uns geistig nicht anstrengen."

- Manuela Macedonia

 

Sollten wir Zucker ganz streichen?

Mittlerweile wissen wir, dass Zucker in fast allen Lebensmitteln enthalten ist, sogar im Brot. Wir mögen Zucker, weil er uns schnell mit Energie versorgt und das Belohnungssystem aktiviert. Die Belohnung funktioniert über die Ausschüttung von Dopamin, dem sogenannten Glücksbotenstoff. Alleine wenn wir unsere Lieblingsspeise sehen, schütten wir bereits Dopamin aus. Auch Alkohol, Drogen etc. regen die Ausschüttung von Dopamin an. Führen wir regelmäßig Zucker zu, kann sich im Belohnungssystem Suchtverhalten entwickeln. Dies, weil das Gehirn diese zu häufige Zufuhr reguliert, indem es Andockstellen für den Glücksbotenstoff im Gehirn abbaut. So braucht man immer mehr, ob Nikotin, Alkohol oder eben auch Zucker. Man sollte den Konsum reduzieren und darauf achten, wo viel Zucker enthalten ist. Wenn man selbst kocht, funktioniert das gut. Besondere Aufmerksamkeit sollte man Fertigprodukten schenken, z.B. Soßen und Salatdressings, die auch sehr zuckerhaltig sein können.

Je weniger wir naschen, umso geringer unser Gusto und umso gesünder leben wir?

Ja. Unser Gehirn verändert sich unser ganzes Leben lang. Essen wir immer gewisse Lebensmittel, stärken wir Netzwerke im Gehirn, die diesen Geschmack und Vorliebe prägen. Lassen wir diese Lebensmittel aus, werden diese Netzwerke nicht aktiv und mit der Zeit bauen sie sich um. So haben wir auch nicht mehr die große Lust auf Chips oder Zucker im Kaffee. Es ist wichtig, dass Vorlieben zu Lebensmitteln, die dem Gehirn schaden, nicht bereits in der Kindheit entstehen. Am besten kauft man keine Naschereien. Dann stehen sie nicht zur Verfügung, wenn man Lust darauf hätte.

Wie verhält es sich mit Bio-Gemüse aus dem Tiefkühlfach?

Es spricht nichts gegen Tieflkühlgemüse, aber nicht verarbeitet, also Spinat ohne Rahmsoße. Auch ich kaufe Fisolen, Erbsen etc. im Winter tiefgekühlt und bereite sie selbst zu.

Fasten ist ein Jungbrunnen – auch für unser Gehirn. Wie oft sollte man eine Kur machen?

Fasten bewirkt, dass sich die Zellen regenerieren. Inwiefern? Im Zellkern sind die Mitochondrien, die der Zelle Energie liefern. Arbeiten diese Mitochondrien permanent, verschleißen sie mit der Zeit. In jedem Alter ist es gut, wenn wir die Mitochondrien ruhen lassen. Das passiert, wenn wir auf Essen verzichten.

Wie soll man fasten?

Ich möchte keine Empfehlung abgeben, weil jeder Körper anders reagiert. Aber immer wieder ein wenig zu hungern, ist gesund. Noch besser wirkt das Fasten, wenn wir auf Nahrung verzichten und uns gleichzeitig mehr bewegen. Der Stoffwechsel wird durch Sport angeregt und daher verbrennen wir mehr. Und dann sind auch eine Rippe Schoko, ein Stück selbst gebackener Kuchen oder ein Gläschen Wein nicht zu verteufeln. Die Dosis macht das Gift.

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SEHR EMPFEHLENSWERT. Das Gehirn braucht wertvolle Nahrung und je bewusster bzw. gesünder wir essen, umso besser für unseren Körper. © beigestellt