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People | 19.09.2022

Vera

Wie sieht Österreichs erfolgreichste ORF-Talkmasterin die Abwanderung von ZuseherInnen ins Internet, wie steuert sie dagegen? Und wie geht sie mit dem Älterwerden um? Das Interview.

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© Manfred Baumann

look!: Vera, ich hab nachgerechnet: Seit 43 Jahren stehst du vor der Kamera und du bist nach wie vor die Quoten-Queen. Wie geht das in einer Zeit, in der die Menschen immer weniger fernsehen?

Gute Frage, ich glaube, Aufgabe und Ziel haben sich nicht verändert. Es geht darum, mit spannenden, unterhaltenden und aktuellen Themen möglichst viele Menschen vor den Bildschirmen zu interessieren, zu faszinieren. Was sich verändert hat, ist das Umfeld: immer mehr Sender, aber immer weniger Menschen, die sie sehen wollen. Abwanderung ins Internet, verstärkt durch die wachsende Zahl von Streaming-Anbietern. Trotz allem: Es gibt sie noch immer, die Menschen, die fernsehen! Und es wird sie auch weiterhin geben. So wie auch einst das Fernsehen – als junges Medium – weder Kino noch Radio killen konnte. Und deshalb werde ich auch weiterhin mit Begeisterung das pro- duzieren, was ich am besten kann: Gutes Programm!

 

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SPORTSKANONE. Für jedes Abenteuer zu haben, kommt Vera die Spritztour auf dem Wasser-Scooter gerade recht. © privat

Das Smartphone hat bei jungen Menschen das TV-Gerät ersetzt, man sucht die Unterhaltung im www. Wie reagiert man darauf als Talkshow-Host bzw. als Produktionsunternehmen?

Die Entwicklung war zwar rasant, aber sie kam nicht über Nacht. Also schaut man sich zunächst das veränderte Konsum-Verhalten an. Speziell bei jüngeren Menschen wird die Aufmerksamkeitsspanne immer kürzer. Dieses veränderte Seher-Verhalten berücksichtige ich in meinen Sendungen in der Länge der Beiträge und der Gespräche. Darüber hinaus möchte ich als Fernseh-Macherin aber nicht dem Nutzer-Verhalten im Internet nachjagen. Es ist und bleibt ein anderes Medium.

Du bist eine hartnäckige Social-Media-Verweigerin, weil dir „leid um die Zeit ist“. Ist dir die junge Zielgruppe nicht wichtig genug? Bzw. ist die ältere Zielgruppe einfacher zu bedienen?

Es wäre vermessen zu glauben, dass ich mit einer Hauptabend-Sendung in ORF 2 eine junge Zielgruppe erreichen kann. Junge Seher sind sowieso kaum vorm Bildschirm zu finden und wenn, dann am ehesten bei Show-und Casting-Formaten. Natürlich wird „Vera“ durch meine Redaktion auch im Internet beworben, es wäre schade um den PR-Wert. Ich persönlich verfolge Social Media unter einem Pseudonym ab und an, melde mich aber nicht aktiv zu Wort. Follower zu bedienen wäre zwar die beste PR, allerdings sind meine SeherInnen nicht in dem Maß in Social Media unterwegs, dass sich der tatsächliche Aufwand – zumindest eine halbe Stunde täglich – rechnen würde. Da tausch ich mich lieber „live“ mit Menschen aus, die mir wertvoll sind. Dazu kommt, dass meine Familie nicht schätzen würde, dass ich allzu viel Privates preisgebe ...

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DREAMTEAM. Seit 34 Jahren sind Vera Russwurm und Peter Hofbauer verheiratet. Seit die Kinder aus dem Haus sind, hat das Paar „eine neue Qualität der Zweisamkeit“ entdeckt. © privat

Die Welt ist erkennbar im Wandel, die Pandemie hat für die meisten neue Arbeitsbedingungen geschaffen. Was haben die letzten beiden Jahre bei dir ausgelöst?

Eine große Ernsthaftigkeit und auch – erstmals – über eine lange Strecke eine Besorgnis, die ich sonst an mir nicht kenne. Konkret – und speziell – um mei- nen betagten Vater, dem es aber Gott sei Dank nach wie vor gut geht. Bezüglich der Arbeitsbedingungen hat sich für mich nicht viel verändert, da ich der Kinder wegen schon lang vor dem nun so populären Wort HOMEOFFICE zumeist von daheim gearbeitet habe. Hart getroffen hat meinen Mann die coronabedingte Schließung seines 500-Plätze-Theaters „Metropol“, einerseits aus pekuniären Gründen, andererseits aber vor allem auch dadurch, dass die grandiose Produktion von „Rock My Soul“ unterbrochen werden musste. Ich glaube, es ist allen Menschen meiner Generation, die in größter Sorglosigkeit aufwachsen durften, endgültig klar geworden, dass es so nun nicht mehr weitergeht.

Du bist ein Familienmensch, deine Töchter sind aus dem Haus. Wie fühlt sich das an?

Mittlerweile hab ich mich daran gewöhnt. Unsere Jüngste ist ja noch nicht lange aus dem Haus, aber es war ja dann immerhin schon die Dritte ... Zugegebenermaßen war das Ausziehen unserer Ältesten für mich am schwierigsten. Denn obwohl ich natürlich immer „gewusst“ habe, dass die Kinder eines Tages ausziehen, hat’s mir dann doch wehgetan. Mit jedem Kind sind ja auch deren Feunde und Freundinnen weg und das Haus wird um diese Menschen ruhiger. Mit jedem Kind mehr. Aber das Schöne ist: Sie kommen ja gerne wieder zurück! Außerdem haben mein Mann und ich eine neue Qualität der Zweisamkeit, des Miteinander-Ausgehens und überhaupt des Miteinander- Lebens gefunden.

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Vera mit Andreas Gabalier, der seinen ersten Auftritt bereits 2011 in ihrer Sendung hatte. © privat

Wie fühlt es sich an, auch Oma einer Enkeltochter zu sein?

Einfach wunderschön! Es fühlt sich gar nicht so viel anders an als als Mammi. Enkelkinder sind ein Geschenk, vor allem für die Großeltern.

Bist du eine aktive Großmutter?

Finde ich schon! (Lacht.) Ich freue mich immer sehr, wenn unsere Kleine bei uns ist. Und sie freut sich auch!

Wie ist dein persönlicher Zugang zum Älterwerden? Was tust du, um dich fit zu halten?

Da es für mich keine Alternative zum Älterwerden gibt, jammere ich nicht drüber, sondern freu mich, dass ich gesund bin! Ich mach regelmäßig Kraft- training, geh immer wieder mal laufen oder Rad fahren, spiel Tennis, schwimme viel und beweg mich gerne im Garten und im Wald. Jedenfalls schau ich drauf, möglichst jeden Tag eine „Bewegungseinheit“ zu absolvieren. Das Wichtigste ist, dass es mir auch Spaß macht! Außerdem ernähre ich mich realtiv gesund, esse sehr wenig Fleisch, verhältnismäßig wenig Gemüse, aber viel Salat und Obst.

Hast du schon jemals im Leben eine Diät gemacht?

Ja, einmal. Da ging’s um eine Wette mit meiner damaligen Kostümbildnerin, die immer wieder eine „Krautsuppen-Diät“ gemacht und gemeint hat, ich würde das nie durchhalten, weil ich doch so gern und so viel Süßes ess! Da hat sie sich ordentlich geschnitten: Ich hab diese Woche ganz ohne Probleme durchgehalten – Krautsuppe schmeckt nämlich gar nicht schlecht –, nur der Kaffee in der Früh ist mir abgegangen.

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Vera beim Blödeln mit ihrem rüstigen Vater, zu dem sie täglich engen Kontakt pflegt. © privat

Botox bzw. Filler: Ja oder nein?

Botox ja, wenngleich ich sehr spät, nämlich erst mit Mitte 50, damit angefangen hab – aber das passt so. Hätt ich früher damit angefangen, wär ich vielleicht süchtig „nach immer mehr“.

Bietet das Alter tatsächlich neue Chancen oder ist das nur Gerede – und du wärst gerne 20 Jahre jünger?

Ja, ich wäre gern zwanzig oder vierzig Jahre jünger oder mehr. Ich würd’s nämlich genau so wieder leben. Ich schau auch gern zurück, weil jedes einzelne Jahr so viel Schönes enthalten hat! Aber es ist eine Blödsinn zu glauben, dass das Alter fantastische neue Chancen hat . Natürlich KANN es die geben – aber die Wahrscheinlichkeit dafür nimmt mit zunehmendem Alter sicherlich ab. Das Älter- werden führt bei mir auch nicht zu einer „wunderbaren Gelassenheit“ – im besten Fall nur zu etwas mehr Gelassenheit. Was die Vorteile sind? In meinem Fall erfreu ich mich am familiären Zuwachs durch meine süße Enkelin und auch daran, dass ich NOCH bewusster lebe, als ich’s früher auch schon tat, NOCH bewusster DANKE sage für all das Gute und Schöne, das mir widerfährt.

Welchen Ratschlag gibst du der 25-jährigen Vera und warum?

Sag nicht immer gleich ganz offen jedem deine Meinung ins Gesicht (lacht).

Und welchen Ratschlag hat dir deine Mutter gegeben, den du an deine Töchter weitergibst?

Nimm einen Schal!

Vera in zehn oder zwanzig Jahren: Wo und wie siehst du dich da?

Wo? Keine Ahnung, so weit im Vorraus kann und will ich gar nicht planen. Ich genieße mein Leben, so wie es ist, auch den – zumeist positiven – Stress genieße ich. Wie ich mich sehe? Schlank, agil und lebenslustig (lacht).

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VERA. Ab 9. 9. wieder ein Fixtermin in Österreichs Wohnzimmern: „Vera“, jeden Freitag, um 21.20 Uhr auf ORF 2. Gäste der ersten Sendung nach der Sommerpause sind u. a. Bernhard Paul und Lili Roncalli. © Hubert Mican