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People | 10.12.2020

Kategorie „Female Digital Business“: Theresa Imre, Gründerin und GF von markta.at

Theresa Imres digitaler Bauernmarkt markta.at für regionale Lebensmittel von Biobauern und Kleinproduzenten
 hat den Nerv der Zeit getroffen. Die toughe Gründerin hat noch viel vor: Sie will unser Lebensmittelsystem in den nächsten Jahren revolutionieren. Das Interview. (Kategoriepartner: XING Österreich)

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© Stefan Diesner

„Wir brauchen ein völlig neues Lebensmittelsystem – Mit dem aktuellen System fahren wir auf kurz oder lange hoffnungslos gegen die Wand“

look: Sie wurden bereits mehrfach ausgezeichnet. Was bedeutete Ihnen der Preis in der Kategorie „Female Digital Business“ im Rahmen der „Women of the Year“-Gala?

Theresa Imre:  Es ist eine wahnsinnig schöne Auszeichnung und Ehre Teil des „Women of the Year“ Kreises zu werden. Noch immer sind Frauen im Unternehmertum und in Führungspositionen unterrepräsentiert, wodurch es den jüngeren oft an Vorbildern fehlt. Für mich ist der Preis auch gleichzeitig eine Aufgabe, das Bewusstsein für Female Leaders zu stärken und im Zusammenhalt zu zeigen, was wir alles schaffen.

 

Was war der Auslöser, um markta.at an den Start zu bringen – gab es ein Schlüsselerlebnis?

Die Erkenntnis, dass die Globalisierung unsere Ernährung komplett auf den Kopf gestellt hat und dadurch niemand mehr weiß, wo/wer/wie unsere Lebensmittel hergestellt hat. Dadurch schließen in Österreich täglich sieben Bauernhöfe und das seit mehr als 50 Jahren. Gleichzeitig sind immer mehr Menschen auf der Suche nach nachhaltigen Konsummöglichkeiten, fordern faire Preise und Transparenz in der Herstellung. Schlussendlich hat Essen das große Potenzial, dass wir uns täglich damit auseinander setzen (müssen) und man den Unterschied in der Qualität auch direkt schmecken kann.

 

In den vergangenen zwei Jahren gab es – vor allem durch Greta Thunberg und die „Fridays for Future“-Bewegung) – eine Bewusstseinsveränderung betreffend Klimawandel, Umwelt, Nachhaltigkeit. Was muss Ihres Erachtens der nächste große – gesellschaftliche – Schritt sein, um etwas zum Positiven zu verändern?

Wir benötigen völlig andere Strukturen, um die notwenige Veränderung für eine nachhaltige und faire Zukunft aufzubauen. Mit dem aktuellen System fahren wir auf kurz oder lange hoffnungslos gegen die Wand – die Corona-Krise hat gezeigt, wie angespannt unsere wachstumsgetriebene Wirtschaft ist und wie leicht das ganze kippen kann. Wichtig wäre es, mit einer ökosozialen Steuerreform zu starten, damit nachhaltige und faire Produkte und Dienstleistungen im Vergleich zu Fast Food, Fast Fashion, Wegwerfware billiger ist.

 

Was sind die wichtigsten Schritte, um unser Lebensmittelsystem zu ändern?

Wir müssen uns die Verantwortung zurückholen, wo/wer/wie etwas produziert – das klappt am besten mit regional verankerten Klein- und Familienbetrieben, die unabhängig von Konzernstrukturen und Gewinndrang entscheiden können, was sinnvoll angebaut und produziert werden kann. Dadurch erhalten wir eine größere Biodiversität, gesunde Böden für nächste Generationen und schaffen ein lokal eingebettetes Lebensmittelsystem, das den Bedarf regional deckt und woran auch die BäuerInnen direkt verdienen.

 

Wie wird unser Lebensmittelsystem in 20, 30 Jahren aussehen – wird es noch Supermarktketten und Massentierhaltung geben?

Die Supermärkte werden sich bald nach neuen Wegen umsehen müssen, der Druck ist in den vergangenen Jahren seitens der KonsumentInnen deutlich gestiegen. Die romantisierte Landwirtschaft, wo sprechende Schweine und jodelnde Bauern in der Werbung vorgeschoben werden, wird einem authentischerem und transparenteren Bild weichen, damit wir alle und vor allem Kinder wieder den Bezug zu unseren Lebensmitteln bekommen. Wenn uns als Gesellschaft mehr vor Augen geführt wird, unter welchen Bedingungen die Tiere, die wir essen, heranwachsen, gemästet und geschlachtet werden, bin ich überzeugt, dass die Massentierhaltung in der heutigen Form nicht mehr weiterbesteht. Die Jugend ist hier bereits viel kritischer als ich es noch vor zehn bis fünfzehn  Jahren erlebt habe – Kinder bestimmen immer häufiger, was zu Hause gegessen – und dadurch auch eingekauft – wird.

 

Es heißt, Sie sehen sich als „Frontfrau mit politischer Agenda für ein neues EU-Agrarsystem“. Würde Sie auch eine Karriere in der Politik interessieren?

Wenn alles gut geht, darf ich noch mehr als 50 Jahre leben – da hab ich noch vieles vor. Was ich alleine in den vergangenen drei, vier Jahren machen konnte, hat mir gezeigt und mich bestärkt, dass ich das Potenzial in mir Tage, Großes zu bewegen. Das hat in meinen Augen aber jede und jeder von uns, wenn man es schafft den inneren Sinn mit dem äußeren Wirken zu vereinen. Ich bin zutiefst überzeugt, dass wir Menschen in der Politik benötigen, die sich gegen den Populismus stellen, die für das Wohl aller kämpfen und auch bereit sind sich für kritische Entscheidungen politisch aufzuopfern, anstatt an die Beliebtheitswerte der nächsten Wahl zu denken.

 

Was empfehlen Sie jungen GründerInnen – was ist die wichtigste Eigenschaft, die GründerInnen mitbringen müssen?

Eine Idee zu haben und eine Vision daraus zu schaffen, gibt wahnsinnig viel Kraft und Motivation. Viel schwieriger ist es dann, das Ganze umzusetzen, sobald es um einen nachhaltigen und finanziell profitablen Unternehmensaufbau geht. Wie oft sind Menschen – zumeist waren es Männer – an mich herangetreten und haben mir erklärt, dass sie auch schon so eine ähnliche Idee hatten und was ich nicht alles machen soll, damit es erfolgreich wird. Da war viel heiße Luft dabei, weil die wenigsten verstanden haben, dass es bei einem Systemwechsel für unsere Lebensmittel nicht um schnelle Lösungen mit viel Egoismus geht, sondern um ein ganzheitliches Umdenken, ein faireres Miteinander und langfristig nachhaltige Lösungen. Hier braucht man dann wirklich Ausdauer und ein gutes Feingespür, welche Menschen einem im Aufbau guttun und welche nicht, was dann recht schnell die Spreu vom Weizen trennt.

 

Ihre Wünsche für 2021?

Ich möchte, dass markta im nächsten Jahr finanziell auf eigenen Beinen steht und wir uns selbst aus dem Umsatz heraus tragen können. Ab diesem Zeitpunkt kann ich wieder neue Projekte starten, die mir schon lange am Herzen liegen – ich möchte etwa den Online-Marktplatz von markta um einer Content-Plattform erweitern, auf der es um Bewusstsein und Bildung rund um unsere Lebensmittel und Ernährung geht und ganz generell einen einfacheren Zugang zu nachhaltigem Konsum zu schaffen.

Darüber hinaus wünsche ich uns allen viel Zuversicht, Liebe und Hoffnung, die Zeiten der Angst und Überforderung mögen Geschichte sein.

 


Infos zu markta.at

Die Erfolgsgeschichte von markta.at – der digitale Bauernmarkt seit dem Corona-Ausbruch:

  • Von 150 auf 2.500 Bestellungen(!) innerhalb einer Woche
> wöchentlicher Umschlag von 80.000 Produkten im Wiener City Logistik Hub 


  • Zusammenarbeit mit mehr als 450 Klein- & Familienbetreiben aus ganz Österreich
> bis zu 90 % von deren Umsatz konnte während Corona durch markta abgefedert werden 


  • Österreichweiter Versand mit Mehrweg-/Pfand-Logistik und Gemeinschaftslieferung zu Abholstellen; innovative Kühlverpackung mit Linzer Schafwolle als Dämmmaterial statt Styropor 


  • Zwei Crowdinvestment-Runden während der Pandemie mit über 500 Beteiligten in der Höhe von € 600.000, um das Logistik-Konzept noch regionaler über weitere Standorte auszurollen 


  • Mehr als ein digitaler Bauernmarkt: markta.at ist eine digitale Vermarktungs-, Vertriebs- und Logistikplattform, die nachhaltige Produkte von Familien- & Kleinbetrieben über innovative Wege vom Land in die Städte bringt. markta baut damit ein neues Lebensmittelnetzwerk auf, über das nachhaltige Produkte online von verschiedenen Betrieben bestellt, durch markta kommissioniert und österreichweit vor die Haustür bzw. zu lokalen Abholstellen bei Unternehmen/Gastronomie/Greißlern geliefert werden.

  • Jährlich geben in Österreich 2.300 LandwirtInnen ihren Betrieb auf, kleine Betriebe sind am stärksten betroffen. Für 46.000 LandwirtInnen – knapp 1/3 aller Betriebe – stellt Direktvermarktung eine wesentliche Einkommensquelle dar. Aufgrund der fehlenden Vernetzung haben einzelne Webshops aber keine erwähnenswerte Marktpräsenz. Der Lebensmittelmarkt wird von wenigen Großkonzernen und globalen Handelsstrukturen dominiert. In Österreich bestimmen 3 Supermarktketten mehr als 84% des Marktes, über 40% der Produkte sind Eigenmarken. ProduzentInnen werden in diesen Strukturen immer leichter ersetzbar – Qualität, Vielfalt und Preis werden extern vorgegeben.

  • Parallel dazu wünscht sich über die Hälfte der KonsumentInnen ein größeres Angebot an regionalen Produkten – die Klimadebatte heizt auch die Frage nach nachhaltigem Konsummöglichkeiten
und der dahinterstehenden Verantwortung weiter an. Regionalität und Transparenz in der Produktion
sowie Qualität sind wesentliche Kaufkriterien bei Lebensmitteln, doch wie kann dem nachgegangen werden?

  • Mit markta startet eine neue Ära für regionale Lebensmittel. Entstanden aus dem Verlangen Qualität und Regionalität in den Vordergrund zu stellen und bestehende Handelsstrukturen neuzudenken, will markta nachhaltige und gesamtheitli- che Lösungen der Lebensmittelversorgung schaffen. markta bildet die wesentliche Basis für ein lokales, vielfältiges und solidarisch vernetztes System und stärkt damit regionale Kreisläufe. Bei markta geht es darum, einen neuen Zugang zu regionalen (Bio-) Produkten zu schaffen, der abseits der klassischen Supermarktstrukturen, Monokulturen und Eigenmar- ken, ProduzentInnen und KundInnen wieder direkt vernetzt.

 

Markta ermöglicht den individuellen Einkauf bei verschiedensten regionalen Klein- & Familienbetrieben und geht damit einen nächsten Schritt in Richtung CO2 einsparender last-mile Logistik. Die Bestellungen werden im markta City-Logistik-Zentrum beim Franz-Josefs-Bahnhof in 1090 gebündelt und über Hauszustellung österreichweit zugestellt. Markta ist ein digitaler Bauernmarkt als transparentes Lebensmittelnetzwerk mit ökologischen & ökonomischen Logistik- & Vertriebskanälen. 

Das Ziel des Unternehmens ist es, ein wirklich nachhaltiges und gesamtheitliches Netzwerk für die urbane Versorgung mit regionalen Produkten aufzubauen, das für die kleinen Betriebe effizient funktioniert und direkt zu KonsumentInnen ins Grätzel, nach Hause oder zum Arbeitsplatz liefert.

 

Mehrwert für KonsumentInnen:

  • Einfacher Zugang zu regionalem & nachhaltigem Lebensmittelangebot 

  • Bündelung der Produkte verschiedener Betriebe in einem Warenkorb 

  • Auswahl zwischen Hauszustellung oder Abholstellen je nach Kaufverhalten
  • Rückverfolgbarkeit der Produkte vom Feld bis auf den Tisch