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People | 10.12.2020

Kategorie "Woman for Women": Elina Garanča, Opernstar

Opernstar Elina Garanča ist eine Frau, die uns künstlerisch durch die Krise begleitet hat 
und gleichzeitig mit ihrer Bodenständigkeit und positiven Energie beeindruckt – stellvertretend für alle Künstlerinnen, die uns jetzt Lebensfreude geben. (Kategoriepartner: GW Cosmetics/ Master Lin)

Bild Elina Garanca für Master Lin_© Master Lin:GW Cosmetics.jpg
© Master Lin:GW Cosmetics

„Wir Frauen haben eine unglaubliche Kraft, Dinge zu erschaffen und zu verändern“

look!: Sie haben bereits zahlreiche Preise erhalten. Was bedeutet Ihnen die Auszeichnung in der Kategorie „Women for Women“?

 

Elina Garanča: In den vergangenen Jahren konnten wir viele Geschichten lesen und verfolgen, die meiner Meinung nach nur zu mehr Missverständnissen und Fehlinterpretationen der Weiblichkeit führten. Wir alle, wir Frauen, waren schon einmal in einer schwierigen Position, in der wir gleichzeitig die Familie, Karriere, Aussehen und Haushalt unter einen Hut bringen mussten. In der Tat kann der soziale Druck manchmal unerträglich sein. Ich glaube jedoch, dass wir Frauen dank unseres Einfühlungsvermögens, unserer Kreativität, unseres Teilens und unserer Bereitschaft, verletzlich zu sein, jedes denkbare Hindernis überwinden können. Wir haben eine unglaubliche Kraft, Dinge zu erschaffen und zu verändern, und ich bin fest davon überzeugt, dass genau diese Stärke und Unterschiede gefeiert werden sollten.

Die Auszeichnung in der Kategorie „Women for Women“ ist für mich eine wunderbare Erinnerung daran, wie wichtig es ist, junge Sängergenerationen, meine Töchter und meine Freunde weiterhin zu unterstützen und zu inspirieren. Zusammen werden wir immer mächtiger sein.

 

Menschen in Ihrem Umfeld – aber auch Ihr Publikum  – sagen, dass Sie eine sehr intensive positive Energie verströmen. Alles klingt und schwingt im Gleichklang, wenn Sie in der Nähe sind. Manche empfinden das sogar als spirituelles Erlebnis. – Was ist das Geheimnis Ihrer Ausstrahlung? 

Man könnte mich als eine zielorientierte, hart arbeitende Frau und eine Naturperson bezeichnen. Heutzutage ist es sehr einfach, Dinge zu machen, die nicht viel Sinn machen oder keine Ergebnisse bringen, egal wie viel Zeit man damit verbringt. Es ist, als wäre Zeitverschwendung ein völlig akzeptabel Lebensstil unserer Gesellschaft geworden – und ich stimme dem nicht zu. Ich würde kaum Candycrush auf meinem Handy spielen oder ziellos in einem Einkaufszentrum bummeln. Ich ziehe es vor, meine Zeit und Energie in etwas Sinnvolleres zu stecken. Durch die Arbeit in meinem Garten zum Beispiel fühle ich mich lebendig, bin mit der Natur verbunden und baue mein eigenes Essen an. Und außerdem ist es eine fantastische physische und mentale Zuflucht. Auf der anderen Seite geht es bei meiner Arbeit hauptsächlich um das Immaterielle. Ich „reise“ durch Fantasieländer und Märchen und versuche, diese zauberhaften Geschichten mit meiner eigenen Stimme und meinen eigenen Emotionen zu übersetzen und dem Publikum zu erzählen.

Ich stehe ständig fest auf dem Boden, aber mit dem Kopf hoch in den Wolken. Es ist kein Geheimnis, sondern millionenfach wiederholte Wahrheit, dass es das Gleichgewicht ist, das Wunder bewirkt.

 

Wie wichtig sind diese „positiven Vibes“ vor allem jetzt in der Coronakrise?

Sogar extrem wichtig! Wir sollten die Hoffnung als Leuchtturm immer im Blick behalten, besonders in unvorhersehbaren Zeiten wie diesen. Während des ersten Lockdowns, als die Situation und die nächste Zukunft äußerst unklar waren, durchlief ich einige sehr melancholische Phasen und es war sehr schwierig für mich, mich auf irgendetwas zu konzentrieren. Nachdem ich einige Wochen im „Nebel“ war, beschloss ich, aus dieser unerwünschten Pause das bestmögliche herauszuholen. Ich fing an, unser Haus neu zu organisieren, zu rekonstruieren und neu zu streichen, ich übernahm alte Projekte, die aufgrund der Arbeit lange verschoben wurden. Ich habe buchstäblich jedes einzelne Projekt aufgegriffen, das ich vorher machen wollte. Als ich sah, wie sich die Dinge um mich herum verbesserten, fühlte ich mich sofort sehr glücklich und zufrieden. Mit einer positiven Einstellung geht alles hundertmal einfacher.

 

Leben Sie derzeit im Lockdown  oder sind Sie schon wieder in der ganzen Welt unterwegs? – Und wie war und ist Ihr persönlicher Weg durch die Krise?

Natürlich wurden viele meiner Konzerte abgesagt oder verschoben. Eines Tages wachte ich auf und mein Kalender war für die nächsten zwei Monate leer. Es war eine sehr seltsame Erkenntnis. Trotzdem muss ich sagen, dass ich sehr gesegnet bin, dort aufzutreten zu können, wo es auch noch  in dieser Krise möglich ist. Ich konnte beim 100-jährigen Jubiläum der Salzburger Festspiele auftreten, wir hatten zwei Verdi-Requiem-Aufführungen in Mailand und Florenz, Konzerte in meiner Heimat Lettland, was unter den gegenwärtigen Umständen absolut sagenhaft ist. Die Menge an Disziplin und Willenskraft hinter jeder einzelnen Organisation, die in dieser Situation ein Live-Konzert organisieren kann, nimmt mir immer noch den Atem. Im Sommer konnte ich auch mein neuestes Lieder-Album aufnehmen, was mir in den Corona-Tagen definitiv viel Freude und Vergnügen bereitete.

 

Was steht 2021 beruflich auf Ihrem Terminplan – auf welchen Bühnen wird man Sie hoffentlich sehen können?


2021 soll mein lang ersehntes Debüt als Amneris in Giuseppe Verdis „Aida“ in Paris kommen und im April 2021 die Kundry in Wagners „Parsifal“ an der Wiener Staatsoper. Die Amneris ist meine absolute Traumpartie, ich habe seit meiner Kindheit davon geträumt und ich hoffe, dass sich die Situation im nächsten Jahr etwas stabilisieren wird, damit ich diese und viele meiner anderen Träume verwirklichen kann. In diesem Jahr wurden auch unsere Open Air Konzerte in Göttweig und Kitzbühel abgesagt und ich möchte dieses fantastische Publikum 2021 wieder begrüßen. Aber im Moment weiß niemand, wie sich die Situation entwickeln wird. Es kann leicht ein weiteres Jahr dauern, bis sich die Dinge wieder normalisiert haben, wenn wir ohne soziale Distanz und Orchester ohne Masken oder Plastikboxen wieder auftreten können.

 

 

Sie sind Mutter von zwei Töchtern. Wie schaffen Sie es, Ihren anstrengenden Beruf mit der Mutterrolle in Einklang zu bringen?

Es ist ganz einfach. Ich setze jeden Morgen meinen magischen Hut auf und alles erledigt sich von selbst! (Lacht laut) Jetzt ehrlich, mit meinem Mann und meiner Familie planen wir viel, manchmal Monate oder sogar Jahre im Voraus. Sonst wäre es unmöglich. Wir beide wollen so viel Zeit wie möglich mit den Mädchen und als Familie gemeinsam verbringen. Die Zeit vergeht so schnell, und wir sehen buchstäblich, wie unsere Töchter vor unseren Augen wachsen. Jetzt sind sie älter und viele Dinge wurden für mich einfacher. Abgesehen vom Homeschooling (lacht). Unsere Mädchen waren unglaublich glücklich, dass Mama und Papa jetzt für lange zu Hause waren und wir haben jede einzelne Sekunde zusammen genossen. Wie alle anderen Eltern würden wir alles, was nötig ist opfern, um sie glücklich zu sehen.

 

Seit Beginn der Corona-Pandemie köcheln Kunst und Kultur auf äußerster Sparflamme. Wie wichtig sind Kunst und Kultur für die Menschen – was können sie bewirken?

Kunst und Kultur werden von Menschen geschaffen, aber auch die Menschen sind von Kunst und Kultur geschaffen! Es gibt weder Nationen noch kleinste Stämme ohne Kunst und Kultur. Seit Beginn der Menschheit war die Kultur hier, um die Siege zu feiern, um die Verluste zu betrauern, um zu inspirieren ... die Liste ist endlos. Neben den wissenschaftlichen Beweisen, dass Kultur und Kunst uns schlauer und einfühlsamer machen, waren sie immer für uns als eine weitere Sprache da, um Gefühle auszudrücken, die nicht in Worten, Zahlen oder anderen visuellen Formen erfasst werden können. Sie wären wirklich überrascht, wie bedrückend die Welt ohne Kultur wäre, wenn es überhaupt möglich wäre. Kunst und Kultur sind ein Teil dessen, wer wir sind, was uns als Menschheit definiert. Sie wird immer hier sein und es liegt an uns, in welchem Zustand wir sie für die nächsten Generationen hinterlassen.

 

Was ist Ihr persönliches Motto in der Krise?

Tag zu Tag zu leben und mit dem, was es gibt und was anfällt, zu arbeiten. Es ist auch ein sehr erfrischendes und wahrhaftes "Sei im Moment"-Training. 

 

Welche persönlichen Lehren ziehen Sie aus dem Jahr 2020 – was haben Sie aus der Krise  gelernt?  

Die Pandemie hat uns in unglaublich kurzer Zeit gezeigt, was die wertvollsten und wichtigsten Dinge in unserem Leben sind. Worauf wir uns in unserem Leben konzentrieren sollten, was wir anders machen und was wir völlig vergessen sollten. Das Jahr 2020 brachte zweifellos eine sehr intensive Klarheit in mein Leben. Paradoxerweise erzeugte die unerwünschte Isolation gleichzeitig neue Nähe. Wahrscheinlich haben wir alle in den vergangenen Monaten alte Freunde wieder kontaktiert, Bindungen verstärkt, die lose geworden waren. Familien und Freunde sind näher gerückt. Ich bin davon überzeugt, dass wir alle in der Zukunft höflicher zueinander sein werden.